Wie das klingt. Als sei der ganze Mensch auf einen Schlag krank. Solche Aussagen zeigen nur, dass derjenige der das sagt, keine Ahnung von Recovery und Empowerment, geschweige denn von Salutogenese hat. Meist sind dies Ärzte, die "nur" körperliche Erkrankungen behandeln. Leider vergessen sie, dass die Psyche dabei eine große Rolle spielt wie gesund bzw. krank der Paient sich fühlt.
In den letzten Wochen habe ich da mehrere Ärzte und Ärztinnen kennen gelernt, die diesen Satz gesagt haben. Ich glaube sie wissen nicht wie stigmatisierend und ja auch vernichtend diese Aussage ist. Unter den Ärzten der letzten Wochen ist auch eine Ärztin für Onkologie und Hämatologie. Auch sie hat mir den Satz "Sie sind krank" gesagt. Dabei ist sie sehr empathisch und setzt sich für ihre Patienten ein. Gerade von ihr hätte ich den niederschmetternden Satz nicht erwartet.
Der Satz "Sie sind krank" enthält im Subtext eine Nachricht, die besagt, dass an dem Patienten nichts mehr gesund ist. Wieviel Hoffnung wird so den Patienten geraubt. Es könnte doch sein, dass der Patient es schafft mit seiner Erkrankung ein nahezu "normales" Leben zu führen.
Recovery bedeutet in der momentanen Situation auch etwas Gutes zu sehen - zum Beispiel eine Erfahrung. Bei mir setzt sich langsam die Erkenntnis durch, dass es bei mir und meiner neuen Diagnose genau darum geht. Wieder entdecken, was es Gutes gibt. Wieder entdecken, was Recovery bedeutet.
Gerade kurz vor der Diagnose habe ich mich mehr mit dem Thema Recovery auseinander gesetzt. Lange dachte ich, ich hätte von Recovery keine Ahnung. Daher wollte ich das Thema nochmals intensivieren. Gerade die jetzige Situation zeigt mir mal wieder, dass ich Recovery schon fast mein ganzes Leben lebe. Wie oft wurde ich aus Situationen gerissen, in denen nicht ein Stein auf dem anderem blieb. Umzüge, Kontaktabbrüche, Tode. Alles einschneidende Umstände in denen ich wieder von vorne anfangen sollte, musste, durfte, sollte. Und ich habe es jedesmal geschafft. So wird es auch heute sein.