15 Jahre nach der Diagnose "Depression" habe ich mich von der Tätigkeit, die mich ständig daran erinnert verabschiedet - dem Trialog. Es wird Zeit, dass ich neue Dinge mache, die mich nicht ständig an meine Erkrankung erinnern. Und dem Trialog tut es sicher gut, wenn mal neue Leute aus ihrem Erleben mit der Depression berichten.
Seit 2007 habe ich alle Schweregrade einer Depression durchgemacht. Von leicht über mittelgradig bis zuletzt schwere Depressionen. Gerade letztere hat mir die Früh-Verrentung eingebracht. In den letzten sechs Jahren habe ich einige Trialoge mitgestaltet. angefangen hatte es 2006 als Projekt während meines zweiten Praktikums im Rauhen Haus. Ich hatte ein paar Trialoge in der Schön-Klinik miterlebt, Teilweise bis zu 60 Besucher in dem großen Raum oben unter dem Dach. Angeregte Gespräche auf Augenhöhe zwischen Betroffenen, Angehörigen und Fachpersonal. Der Trialog in der Schönklinik hat sich auf das Thema Borderline spezialisiert. In Hamburg ist es irgendwie üblich, dass Trialoge sich auf eine Diagnose spezialisieren, während sie andernorts generell die Schwierigkeiten in den Blick nehmen, die mit einer psychischen Erkrankungen einhergehen.
Ich erinnere mich noch sehr gut an den ersten Trialog Depression, für den ich Mit-Veranstalter war. In einer Gruppe von Mitarbeitern des Rauhen Hauses hatten wir den Trialog vorbereitet. Als erstes zeigten wir den Film "Mein schwarzer Hund", der nach dem gleichnamigen Buch von Mathew Johnston gedreht und von der WHO empfohlen wurde. Durchgeführt haben wir ihn in den Räumlichkeiten des Rauhen Hauses in der Nebendahlstraße in Hamburg. Der Raum war voll und die Menschen haben den Trialog sehr gut angenommen. Unter den Besuchern waren sehr viele Genesungsbegleiter.
Irgendwann wurden die Räumlichkeiten zu klein und der Trialog wurde ins Wohnheim des Rauhen Hauses in Barmbek verlagert. Wir occupierten den Speisesaal einmal im Monat abends für den Trialog. Dort fand der Trialog bis Ende 2019 statt. Da jedoch eine der Fachkräfte, die uns all die Jahre begleitet hatte in den Ruhestand ging, bereitete sie 2019 alles dafür vor, andere Räumlichkeiten zu beziehen. Der Trialog zog um nach Hamburg-Horn. Ein öffentliches Gebäude bot genug Platz: Das Stadtteilhaus.
Seit diesem Zeitpunkt hatte ich am Trialog Depression in Hamburg nicht mehr teilgenommen. Stattdessen konzentrierte ich mich auf den Trialog Depression in Ahrensburg. Seit 2017 habe ich hier 7 Trialoge mitgestaltet und durch meine Ideen und Gedanken mit nach vorn gebracht. In der Spitzenzeit kurz vor Ausbruch der Pandemie hatten wir 100 Besucher!
Mein Psychologe, der mich nach meiner schweren Krise von 2019 bis 2021 begleitete, hatte mir zum Abschluß der Therapie geraten mich auf andere Dinge zu konzentrieren als auf meine Depression. "Sie haben keine Depressionen mehr - sie sind genesen", sagte er mir. 2021 war ich jedoch noch nicht dazu bereit alles sein zu lassen, wo ich meine Erfahrungen einbringen konnte. Erst im Jahr 2022 habe ich mich mehr auf das Thema Resilienz konzentriert und fand die Möglichkeit bei der Frima "die Erfahrungsexpert*innen" vermehrt einzusteigen. Hier habe ich Menschen an der Seite, die wie ich ihre Erfahrung mit einer Erkrankung gemacht haben, jedoch völlig neue Wege eingeschlagen haben.
Mit diesem Schritt habe ich auch das ständige Beschäftigen mit meinen Depressionen abgelegt und ich kann heute, gut zwei Wochen nach meiner Entscheidung, sagen, dass es der beste Schritt war, den ich machen konnte. Klar gibt es noch Punkte in meinem Leben, die einer genaueren Betrachtung oder auch einer Aufarbeitung benötigen. Dafür habe ich die Hilfe einer sehr guten Coachin, die auch Heilpraktikerin für Psychotherapie ist. Und natürlich bleibe ich dem Thema Anti-Stigma-Arbeit und Aufklärung über psychische Erkankungen zugewandt. Mir tut es aber gut, das jetzt hauptsächlich aus der zweiten Reihe zu tun. Bei allem was ich mache, geht es darum mich selbst zu verwirklichen und mich mehr darum zu kümmern, dass es mir gut geht. alles Andere ist ein schöner Zusatznutzen. Wer jetzt denkt ich sei ziemlich egoistisch, dem sei gesagt, dass ich lange Jahre hauptsächlich im Aussen gewirkt habe und mich und meine Bedürfnisse hinten angestellt hatte. Damit ist jetzt Schluß.
Gemäß dem Motto: "Wenn sich eine Türe schließt, öffnet sich eine andere" habe ich die Erfahrung gemacht, dass das wirklich stimmt. Kaum hatte ich meinen Entschluß bekannt gegeben, tat sich eine neue Tür auf, hinter der jetzt darüber nachgedacht, wie ich meine Expertise einsetzen kann. Man darf gespannt sein.
Was ich auch weiterhin machen werde sind meine Vorträge zum Thema Genesungsbegleitung Vorträge und Schulungen sowie die Resilienz-Tainings Resilienztraining.